IWW Österreich | die solidarische Gewerkschaft

Streiks im Flug und Busverkehr!

on 14. Januar 2010 Uncategorized with 0 comments

Aktuelle Arbeitskämpfe in Budapest, Basel, Genf, Paris und Pinneberg

In Mitteleuropa findet derzeit eine kleine Streikwelle im Transportwesen statt. In Budapest haben Busfahrer das öffentliche Leben teilweise lahmgelegt, in der Schweiz wurden die Flughäfen von Genf und Basel bestreikt, in Paris kam es durch Streiks von Fluglotsen zu einer deutlichen Einschränkung des Flugverkehrs auf den Flughäfen Orly und Charles-de-Gaulle. Und in Deutschland… haben die Busfahrer in den schleswig-holsteinischen Landkreisen Pinneberg und Stormarn mit Warnstreiks begonnen.

Verschiedene Gründe

Die Kollegen in Budapest bestreiken das kommunale Transport-Unternehmen BKV, weil es Sozialleistungen wie z.B. Wohnzuschüsse streichen will. Der Streik wird von mehreren Gewerkschaften getragen und genießt laut Presse offenbar große Sympathie in der Bevölkerung, Er hat zudem historische Bezüge zu dem legendären sog. „Taxler-Streik“ der 1990 Budapest lahm legte.

Der ORF schreibt über den Streik an Pariser Flughäfen: „Die Fluglotsen wehren sich gegen eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen bei der europäischen Umorganisation der Luftraumüberwachung. In der Pariser Presse werden Untersuchungsberichte lanciert, denen zufolge die Fluglotsen über viele Privilegien verfügen, die sie zu verlieren fürchten.“

Am Flughafen Genf-Cointrin streikten nach angaben der NZZ MitarbeiterInnen der Bodenabfertigungsfirma Swissport. Es ging neben Lohnerhöhungen um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und eine Lohkomponenten für unregelmäßige Arbeit.

Die französischen Fluglotsen wehren sich gegen eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen bei der europäischen Umorganisation der Luftraumüberwachung. In der Pariser Presse werden Untersuchungsberichte lanciert, denen zufolge die Fluglotsen über viele Privilegien verfügen, die sie zu verlieren fürchten.

In Pinneberg und Stormarn streiten die BusfahrerInnen für gleichen Lohn für alle Busfahrer in Schleswig-Holstein. Es bleibt zu hoffen, dass die Gewerkschaft ver.di darunter nicht gleich schlechten Lohn für alle versteht. (Kollegen aufgepasst! Wir drücken die Daumen!!)

Zufälliges Zusammentreffen oder kleiner Trend?

Auch wenn die Streiks nicht miteinander verbunden sind, eher eine wilde zufällige Mischung darstellen, so drücken sie möglicherweise eine kleine Tendenz aus. Denn im Transportbereich hat die arbeitende Klasse eine Macht, die viel größer ist als die meisten von uns momentan realisieren.

Der Transportsektor hat durch mehrere Faktoren stetig an Bedeutung gewonnen:

1. Auslagerung. Die Fabrik als zentrale und integrierte Produktionseinheit ist seit den 1970er Jahren systematisch umstrukturiert worden in ein Netz von ausgelagerten Zulieferern. Um beispielsweise ein Auto zu produzieren werden verschiedenste Einzelteile in verschiedensten Regionen Europas produziert und durch die Gegend gefahren, bis sie schließlich irgendwo zusammen gebaut werden.

2. Globalisierung / Rationalisierung. Durch die Einführung von genormten Containern ab Ende der 1960er Jahre wurde den Hafenarbeitern, einer der stärksten und traditionell miliantesten Bastionen des internationalen Proletariats, der Zahn gezogen. Hinzu kam die Computertechnik, welche die Verwaltung und Verteilung ganzer Städte von Containern in den Häfen der Welt erst möglich machte.

3. Lohndumping. In den vergangenen zwanzig Jahren schlugen Transportkosten in der Kalkulation von Produktpreisen kaum noch zu Buche, was auch an einer dramatischen Entwertung der Arbeit im Transportwesen lag. Das verleitete die Unternehmer den Transport von Waren und Rohstoffen um den Globus scheinbar grenzenlos zu steigern.

4. Just in Time-Produktion. Das Toyota-Produktionsmodell verfolgte die Philosophie, „das Lager auf die Straße zu verlegen“. Einerseits um Lagerkosten zu sparen, also die Kernfabrik und deren Belegschaft zu verschlanken, andereseits um flexibel zu produzieren und auf Kundenwünsche zu reagieren (also keinen Berg von rosa Heckspoilern in der Auto-Fabrik aufzutürmen, sondern rosa Heckspoiler anzufordern, wenn sie von einem Kunden gewünscht werden.) Effekt: Die Autobahnen sind voll von Lastwagen.

5. Zersiedelung der Landschaft / flexible Pendler. Die Menschen nehmen in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Verschwendung Lebenszeit und Kilometer in Kauf, um zur Arbeit zu gelangen.

Fazit

Die reale Macht der TransportarbeiterInnen, die Produktion in Europa kurzerhand lahm zu legen, steht in keinem Verhältnis zu den Löhnen und Arbeitsbedingungen, die z.B. für Bus- Bahn, und LKW-Fahrer oder Lokführer gelten. Vom Personal in Bahnhöfen und Flughäfen ganz zu schweigen. Es wäre an der Zeit, daran etwas zu ändern.

Auf der anderen Seite: Da die Energiekosten stetig steigen, sehen sich viele Unternehmen möglicherweise gezwungen, die Löhne und Arbeitsbedingungen im Transport-Sektor weiter anzugreifen, um ihre Profitrate halten zu können.

Im Transport-Bereich ist viel Musik.
Quellen:
Ungarn: Lohnstreik legte Verkehr lahm, 12.01.2010, Die Presse.com – http://diepresse.com/home/wirtschaft/eastconomist/532554/index.do?_vl_backlink=/home/wirtschaft/index.do

Streik in Budapest kann Wochen dauern – Balaton Zeitung, 13. Januar 2010 , http://www.balaton-zeitung.info/Nachrichten/Streik-in-Budapest-kann-Wochen-dauern

Streik am Genfer Flughafen beendet, NZZ online, 12. Januar 2010
http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/streik_genfer_flughafen_swissport_1.4494657.html

Busfahrer stimmen ab: Wird schon nächste Woche gestreikt?, Hamburger Abendblatt, 13. Januar 2010 – http://www.abendblatt.de/region/stormarn/article1340184/Busfahrer-stimmen-ab-Wird-schon-naechste-Woche-gestreikt.html

EuroAirport von Streik betroffen, DMM, 12. Januar 2010 – http://dmm.travel/news/artikel/lesen/2010/01/euroairport-von-streik-betroffen-26359/?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+DMMtravel+(DMM+-+Der+Mobilit%C3%A4tsmanager)

Streik der Fluglotsen in Frankreich, Januar 12th, 2010 –
http://www.aviation-community.de/2010/01/12/streik-der-fluglotsen-in-frankreich/