Statt dir einen Job zu beschaffen, schnüffelt dich dein AMS-„Betreuer“ aus
Wenn sie nicht mehr weiter wissen, dann versuchen sie es mit Repression. In Österreich steigt die Arbeitslosigkeit, sämtliche unternehmerfreundliche Maßnahmen zur „Ankurbelung der Wirtschaft“ der vergangenen Monate und Jahre haben nichts gebracht. Verwunderlich ist das nicht – wer sich eine halbe Stunde mit Volkswirtschaft und der Produktivitätsentwicklung der vergangenen hundert Jahre beschäftigt, wird zu dem Schluss kommen, dass für die Aufrechterhaltung des ganzen Werkels halt einfach ein immer größerer Teil der arbeitsfähigen und -willigen Bevölkerung nicht mehr wird.
Anstatt nun endlich strukturell was an dem ganzen Geschäft zu ändern – Stichwort: Arbeitszeitverkürzung – wird das genaue Gegenteil gemacht: more of the same – Liberalisierung, Steuergeschenke an Konzerne, Abbau der Sozialsysteme. Wie sich etwa die diversen Freihandelsabkommen von CETA bis TTIP auf die Arbeitsmärkte auswirken werden, ist noch gar nicht absehbar. Eines kann man aber vorhersagen, ohne sich besonders weit aus dem Fenster lehnen zu müssen: So super, wie es uns die Neoliberalen aus Politik und Medien von Brüssel bis Wien versprechen, wird es nicht werden.
In Österreich bereitet man sich schrittweise auf weitere Einschnitte in die Sozialsicherungssysteme vor. Nach den ersten Kürzungen bei der Mindestsicherung wird es wohl nur mehr eine Frage der Zeit sein, bis auch Arbeitslosengeld und Notstandshilfe angegriffen werden. Ein erster Schritt dafür ist getan: das Sozialministerium legte ein Gesetz vor, das dem Arbeitsmarktservice (AMS) in dessen „Kampf gegen Missbrauch“ einen erweiterten Zugriff auf das amtliche Melderegister ermöglichen soll. Dies berichtete der Standard am 28. Oktober. Derzeit können AMS-MitarbeiterInnen lediglich überprüfen, wo jemand gemeldet ist. In Zukunft sollen die „Betreuerinnen“ und „Betreuer“ auch abfragen können, ob an diesem Wohnort noch weitere Personen gemeldet sind. Dadurch soll die „missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung wesentlich erschwert“ werden, wie das Sozialministerium den Gesetzesentwurf begründet.
Konkret geht es darum, zu überprüfen, ob der Lebensmittelpunkt sogenannter „Grenzgänger“ tatsächlich in Österreich liegt. AMS-Angestellte sollen also herausfinden, ob jemand, der in Österreich Arbeitslosengeld bezieht, nicht etwa in seiner unfreiwilligen Freizeit zu wenig Zeit in diesem schönen Land verbringt.
Die zweite Zielgruppe sind die BezieherInnen von Notstandshilfe. Hier ist die Sache noch hinterhältiger, denn bei der Notstandshilfe wird bekanntlich das „Haushaltseinkommen“ zur Berechnung der Höhe des Anspruchs einbezogen. Sprich: wer mit anderen zusammenwohnt, bekommt weniger Geld. Wenn er oder sie dies beim AMS nicht bekannt gibt, kann dies künftig von den AMS-SchnüfflerInnen überprüft werden.
Das soziale Problem Arbeitslosigkeit soll also wie so oft mit Strafen und Maßregelungen „gelöst“ werden. Wird natürlich wieder nicht klappen. Bleibt zu hoffen, dass die Betroffenen schlau genug sind, sich nicht dabei erwischen zu lassen, wenn sie versuchen, auch weiterhin jedes Monat ein paar Euro vom AMS zu bekommen, obwohl sie vielleicht aufgrund der restriktiven Bestimmungen noch weniger kriegen dürften. Dass sie von ihren AMS-„Betreuern“ einen Job vermittelt bekommen, daran glaubt ohnehin kaum noch jemand. Zum einen kann die strukturelle Arbeitslosigkeit auch durch noch so viel neoliberale PR nicht weggebetet werden. Zum anderen sind die „Betreuer“ ja viel zu beschäftigt mit ihrer Schnüffelarbeit, als dass sie sich um ihre eigentliche Aufgaben kümmern könnten.
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Bilder: wikicommons; Bundesarchiv, Bild 183-R79053 / CC-BY-SA; IWW
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