IWW Österreich | die solidarische Gewerkschaft

Sich wehren lohnt sich

on 28. Dezember 2016 Allgemein with 0 comments

Das Jahr endet mit Arbeitskämpfen allerorten. An mehreren Amazon-Standorten in Deutschland streikten Angestellte während der Hochphase des Weihnachtsgeschäfts und zeigten, dass gewerkschaftliche Arbeit vor allem Hartnäckigkeit erfordert. In den vielen Jahren des Kampfes um Lohnerhöhungen und Kollektivverträge bei Amazon wurden bereits einige kleine Siege errungen. Wichtig ist der Einsatz der KollegInnen auch deshalb, weil Amazon zum einen Vorreiterrolle bei der Verschlechterung von Arbeitsbedingungen spielt. Zum anderen strahlt die „Unternehmenskultur“ des Konzerns aufgrund von dessen Monopolstellung auch auf andere Unternehmen und Branchen aus. Die KollegInnen bei Amazon zeigen, dass auch in der deregulierten neuen E-Commerce-Welt Organisierung und Arbeitskämpfe möglich sind und erfolgreich sein können.

Gewehrt haben sich auch KollegInnen aus Portugal und Spanien, die auf einer Großbaustelle am Wiener Hauptbahnhof um ihre Löhne geprellt wurden. Bauherr Signa hatte die Porr AG beauftragt, die die Rekrutierung von Arbeitern wiederum kleinere Baufirmen (Wattaul und JMP) mit der Rekrutierung betraute. Am Zahltag redete sich eine Firma auf die nächste aus – diese Rechnung sei offen, jener Betrag nicht beglichen, die Arbeiter bekommen leider nix. Sowas hat natürlich System und ist etwa von der Berliner „Mall of Shame“ wohlbekannt. Die zum Arbeiten nach Wien gekommenen Kollegen drohten, bereits Errichtetes wieder abzubauen, worauf plötzlich doch zumindest ein Teil der Löhne ausgezahlt werden konnten. Etwas mediale Öffentlichkeit half ebenfalls. Das ändert jedoch nichts an dem zugrunde liegenden Skandal, dass bei derartigen Projekten in Österreich offenbar untragbare Zustände herrschen. Wieviele Arbeiter sind so wohl bereits um ihre Löhne geprellt worden und mit leeren Taschen wieder abgereist?

Wenig Medienhetze

Auffällig bei beiden Geschichten war die mediale Berichterstattung. Anstelle der üblichen Hetze gegen Streikende und Protestierende herrschte vorsichtiges Verständnis vor. Vielleicht dämmert einigen KollegInnen in den Redaktionsstuben langsam, dass jene, die für ihre Rechte kämpfen, indirekt auch für die Rechte der privilegierteren Teile der ArbeiterInnenklasse kämpfen. Immerhin sind die Kämpfe ja bereits mitten in den Redaktionsstuben angekommen – wenn sie auch dort noch in vorwiegend von den Unternehmern und CEO’s geführt und gewonnen zu werden scheinen. In der Verlagsgruppe News finden derzeit die im Herbst angekündigten Entlassungen statt. Viele weitere Angestellte gehen „freiwillig“, weil sie aufgrund der radikalen Umstrukturierung des Medienunternehmens keine Perspektive mehr sehen. Sie sollen ja nun die Arbeit jener mitübernehmen, die gekündigt wurden. Aber auch bei anderen österreichischen Medien geht es rund. Ex-News-Chef und Österreich-Gründer Wolfgang Fellner kündigt seinen Angestellten die Journalisten-Kollektivverträge. Künftig sollen sie nach weit schlechteren Angestellten-KV‘s entlohnt werden. Die Umstellung erfolge „im Einvernehmen“ mit Betriebsrat und Angestellten. Letztere wurden vor die Wahl gestellt: Zustimmung oder Kündigung. Sowas nennt man in der Welt der Fellners „Einvernehmen“.

Sich wehren ist der erste Schritt

Eine erfreuliche Meldung gab es schließlich auch noch wenige Tage vor Weihnachten. Spar Österreich muss 52.730 Euro Strafe wegen Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz zahlen. Das Unternehmen setzte Software zur Arbeitszeitaufzeichnung ein, die so programmiert war, dass die Zeiterfassung immer zugunsten des Unternehmens ausgefallen. In einer Filiale waren Pausen von 9 Uhr bis 9.15 Uhr festgelegt, berichtete die Wochenzeitung Falter von dem Prozess am Landesverwaltungsgericht Salzburg. Wenn die Kassierin beispielsweise erst um 9.10 Uhr die Pause beginnen konnte, weil sie noch Kundschaft bedienen musste, wurden ihr nicht fünf Minuten als Pause verrechnet, sondern die ganzen 15 Minuten. Wenn sie aber umgekehrt länger Pause machte, dann wurde dies sehr wohl flexibel angerechnet. Eine Spar-Sprecherin rechtfertigte die Sache übrigens mit dem Hinweis darauf, dass diese Software genau so auch in vielen anderen Unternehmen eingesetzt werde. Guter Hinweis! Schaut genau, wie eure Arbeitszeit und Pausen erfasst werden und wehrt euch, wenn was nicht stimmt! Sich wehren lohnt sich immer und ist der erste Schritt für Verbesserungen!

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Bilder: ver.di, Karl BergerIWW