Das im Oktober 2017 erschienene Buch “Wobblies of the World” beleuchtet die internationale Ausstrahlung der IWW während der ersten Jahrzehnte nach ihrer Gründung
Kaum zu glauben, dass dieses Buch erst jetzt erscheint – eine internationale Geschichte der IWW. Immerhin trägt unsere 1905 gegründete Gewerkschaft ja Internationalität im Namen: Industrial Workers of the World. Zudem war die Geschichte der IWW tatsächlich von Beginn an eine globale. Nach der Gründung in Chicago, an der viele in die USA migrierte Personen beteiligt waren, entstanden binnen kurzer Zeit Ableger der IWW außerhalb der USA: in Kanada, Mexiko oder in der Karibik tauchten Wobblies auf, gründeten Organisationen oder sorgten zumindest für die Verbreitung der basisgewerkschaftlichen Ideen der IWW. Viele Mitglieder waren aus beruflichen Gründen in aller Welt unterwegs: Seeleute, Wanderarbeiter oder Arbeitsmigranten, die Wobbly-Ideale und Kampferfahrungen aus den USA in die Länder trugen, aus denen sie zuvor emigriert waren.
„Wobblies of the World“ ist ein von Historikern herausgegebener Sammelband, kein Lesebuch, aber zum Glück auch kein abgehobenes akademisches Werk. Jede*r mit passablen Englisch-Kenntnissen kann die vielfältigen Verzweigungen nachlesen, die aus der IWW entstanden sind. In den einzelnen Kapiteln des Buches stellen 20 Autor*innen die unterschiedlichen Formen vor, in denen sich der internationale Charakter der IWW in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens zeigte. Es geht dabei aber nicht nur um die Verbreitung der IWW-Ideen rund um den Globus, sondern auch um die globalen Einflüsse auf die IWW. Der erste Teil des Buches beleuchtet vor allem diesen Aspekt, nämlich wie sich die politischen und gewerkschaftlichen Erfahrungen von Menschen, die aus anderen Teilen der Welt gekommen waren, auf die Entstehung der IWW ausgewirkt hat. US-Gewerkschaften standen damals oft nur weißen männlichen Arbeitern offen. Die IWW brach mit dieser Tradition radikal und nahm Mitglieder unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrer Hautfarbe auf. Was uns heute als selbstverständlich erscheinen mag, war in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts revolutionär.
Im zweiten Teil des Bandes spüren die Autor*innen dann IWW-Mitgliedern und von diesen gegründeten Organisationen in fast allen Teilen der Welt nach. Die Reise führt vom Norden Kanadas und von mexikanischen Häfen über Spanien bis nach Australien und Neuseeland. Und auch hier zeigt sich, dass die grundlegenden Werte der IWW eine völlig neue Art der Organisierung ermöglichten. Eines der herausragenden Beispiele etwa ist die neuseeländische IWW, die als einzige Gewerkschaft in dieser Region auch Maori in ihren Reihen aufnahm und Organisierungsarbeit unter dieser Bevölkerungsgruppe leistete. In der neusländischen IWW-Zeitung Industrial Unionist erschienen Artikel in der Maori-Sprache, es kam zu Arbeitskämpfen und Streiks.
Im dritten Teil des Buches geht es schließlich um indirekte oder individuelle Einflüsse der IWW auf Kämpfe und Organisationen in aller Welt. Viele Einzelpersonen haben durch ihre Arbeit als Organizer*innern das Vermächtnis der IWW auf allen Kontinenten verstreut – man findet ihre Spuren von Irland und Schweden bis Südafrika. Schließlich trug auch das kulturelle Erbe dazu bei, Wobbly-Ideen um die Welt zu tragen und am Leben zu erhalten. Das abschließende Kapitel geht der Verbreitung der Lieder von Joe Hill bei, die bis heute von Musiker*innen, aber natürlich auch von musikalischen revolutionären Gewerkschafter*innen in aller Welt gesungen werden.
Peter Cole, David Struthers and Kenyon Zimmer: Wobblies of the World. A Global History of the IWW. Pluto Press, London 2017. 312 S. ca. € 20,-
Fotos: Pluto Press, IWW
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