Der Kollektivvertrag für Fahrradbot:innen hat Verbesserungen gebracht.
Gründe dafür, sich dennoch zu organisieren, gibt es viele.
Überall, wo man hinsieht, sieht man bunte Rucksäcke, die durch die Gegend sausen.
Die Rede ist von Fahrradbot:innen, die seit Jahren das Stadtbild farbenfroh mitprägen.
Als erfolgreichste Unternehmen unter den Essenszustellern haben sich
Lieferando und Mjam etabliert, die in manchen Städten sogar die Konkurrenz verdrängt haben.
Während das Jahr 2020 für einige Unternehmen das finanzielle Aus bedeutete,
konnten diese beiden Unternehmen trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation
deutliche Gewinne verbuchen. Sogar bei Großveranstaltungen wie der Fußball-Europameisterschaft
konnte sich Lieferando Werbeflächen kaufen. Mjam wiederum etablierte seit Anfang dieses Jahres
österreichweit eigene Online-Supermärkte. Bei solchen wirtschaftlichen Erfolgen könnte man meinen,
dass die Angestellten auch etwas davon haben. Jedoch ist es so wie immer:
den Arbeiter:innen bleiben lediglich ein paar trockene Brösel vom saftigen Kuchen übrig.
Leichte Verbesserungen
Im Jänner 2020 gelang es dem ÖGB nach langen Verhandlungen den weltweit ersten Kollektivvertrag
für Fahrradbot:innen einzuführen. Dieser beinhaltet einen festgeschriebenen Mindestlohn,
Urlaubs- und Krankengeld, Kilometergeld für Fahrradreparatur, geregelte Ruhezeiten und weitere Verbesserungen.
Davor wurden die Bot:innen nur nach Auftrag bezahlt. Das bedeutete im Falle von Auftragsmangel oder
Arbeitsunfähigkeit weniger bis kein Einkommen. Auch mussten die Kosten für Fahrradreparaturen
selbst übernommen werden. Spricht man mit LieferandoAngestellen, wie wir es etwa in Salzburg gemacht haben,
zeigt sich zwar eine Wertschätzung des Kollektivvertrags, jedoch besteht weiterhin Unzufriedenheit.
Kritisiert wird vor allem, dass es keine Sonn- und Feiertagszuschüsse gibt, obwohl diese Tage in der Branche
am meisten Gewinn bringen. Auch wird das Kilometergeld von 24 Cent pro gefahrenem Kilometer
als zu wenig bemängelt, um regelmäßige Reparaturen zu bezahlen. Dies liegt vor allem daran, dass die Definition
von „gefahrenem Kilometer“ vom Arbeitgeber vorgegeben wird und es vor allem während der warmen Jahreszeit
weniger Aufträge gibt. Ein weiteres Problem ist, dass manche Unternehmen den Kollektivvertrag umgehen,
indem sie ihre Angestellten als Freie Dienstnehmer:innen anstellen. Für diese Bot:innen gilt der
Kollektivvertrag nicht. Sie arbeiten unter denselben prekären Verhältnissen wie zuvor.
Organizing-Herausforderungen
Da es meist keine Firmenzentrale gibt, in der sich die Belegschaft kennenlernen und untereinander
austauschen könnte, und da es zusätzlich noch eine starke Fluktuation gibt,
gilt die Branche als schwierig zu organisieren. Um eine Plattform zur gegenseitigen Vernetzung zu schaffen,
hat die IWW Salzburg im September zwei Veranstaltungen organisiert. Am 10. September gab es zusammen
mit dem Riders Collective ein Alleycat (Schnitzeljagd am Fahrrad) zum Thema Arbeitsrecht für Fahrradbot:innen.
Zwei Wochen darauf veranstalteten wir eine Pay-as-youcan-Bike-Kitchen im Stadtteil Lehen.
Die Spendeneinnahmen unserer Bike Kitchen, gingen an die streikenden Fahrradbot:innen in Berlin,
die Anfang Oktober von ihrem Arbeitgeber Gorillas gekündigt worden waren. Der Arbeitskampf bei Gorillas zeigt,
dass der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen der Fahrradbot:innen noch lange nicht vorbei ist.
Wo auch immer auf der Welt sich Bot:innen gegen die Schikanen ihrer Arbeitgeber zur Wehr
setzen, werden wir entschlossen mit dabei sein – oder auch wenn wir in ganz anderen Branchen
arbeiten – unseren kämpfenden Kolleg:innen solidarisch zur Seite stehen.
Denn ein Erfolg für eine:n ist ein Erfolg für uns alle!
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