DIE SOLIDARISCHE GEWERKSCHAFT

Opel Antwerpen: Spontaner Streik

on 21. April 2010 Uncategorized with 0 comments

Arbeitsniederlegung aus Protest gegen Einigungsvorschlag von Gewerkschaften und General Motors-Management

Wir dokumentieren einen Bericht von Jörn Boewe, jW 21. April 2010

Solidarität mit dem Opel-Streik in Bochum 2004Am Montag hatten Gewerkschaften und General Motors ihre Einigung über einen Sozialplan für das Opel-Werk Antwerpen bekanntgegeben, am Dienstag legte ein größerer Teil der dortigen Beschäftigten mit Beginn der Frühschicht um 6.30 Uhr die Arbeit nieder. Der am Sonntag abend erzielte Kompromiß zwischen GM und den im »Europäischen Arbeitnehmerforum«, dem europäischen Betriebsrat von Opel/Vauxhall, vertretenen Gewerkschaften sieht die Entlassung von etwa der Hälfte der Belegschaft bis Ende Juni vor. Die andere Hälfte soll dem Papier zufolge Ende des Jahres gehen, sofern sich nicht vorher noch ein Investor für die »restrukturierte« Rumpffabrik findet. GM machte deutlich, sich in jedem Falle noch in diesem Jahr von seinem belgischen Standort zu trennen.

Wie die Wochenzeitung Die Zeit unter Berufung auf den Algemeen Christelijk Vakverbond, eine christdemokratische Gewerkschaft, auf ihrer Internetseite berichtete, halten die Beschäftigten die vereinbarten Abfindungen von »bis zu 144000 Euro« pro Kopf für zu niedrig. »Viele« der 2560 Mitarbeiter sähen einer ungewissen Zukunft entgegen. Ob die ursprünglich für Dienstag oder Mittwoch geplante Abstimmung der Belegschaft über den Sozialplan wegen der Streiks verschoben wird, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen.

Offenbar hat der spontane Ausstand in Antwerpen die im Euro-Betriebsrat tonangebenden Gewerkschaften überrascht. Darauf deutet zumindest der aufgeschreckte Tenor einer am Dienstag verbreiteten Pressemitteilung aus dem Büro von Betriebsratschef Klaus Franz. »Gezielte Falschinformationen der Unternehmenskommunikation zur angeblichen Schließung von Antwerpen« hätten »erheblichen Unmut und Verunsicherung bei den Beschäftigten« verursacht. Medienberichte hätten »den Eindruck« erweckt, daß die Schließung »von allen Seiten akzeptiert sei und definitiv erfolgen werde«. Dies sei aber »schlichtweg falsch«, heißt es weiter. »Als Folge dieser unverantwortlichen und chaotischen Falschmeldungen haben Teile der Beschäftigten in Antwerpen die Arbeit niedergelegt. Den entstehenden Schaden hat sich die Geschäftsleitung selbst zuzuschreiben.«

Im Kern werden in der Erklärung aber alle am Montag bekanntgewordenen Punkte bestätigt. Das »Memorandum of Understanding« sei zwar »noch nicht unterschrieben«, aber doch »von allen Seiten akzeptiert«. Ein potentieller Investor müßte demzufolge die Fabrik »spätestens Ende 2010 übernehmen«; festgeschrieben wurden »sofortige Restrukturierung und Abbau von zirka 1250 Beschäftigten bis Ende Juni 2010«. Lediglich »bei der Abfindungshöhe« bestehe »noch Dissens«, der »lokale Sozialplan« sei »noch nicht zu Ende verhandelt«.

Zudem betont der Euro-Betriebsrat, daß GM sich in dem »Memorandum« verpflichten würde, einem künftigen Investor diverse Produktionszusagen zu geben sowie das Antwerpener Werk »als Auftragsfertiger in den Auswahlprozeß« einzubeziehen, »sollte Opel/Vauxhall künftig Kapazitäten benötigen oder Nischenprodukte fertigen wollen«. Erst am Montag hatte Betriebsratschef Franz Medienberichten zufolge erklärt, es gäbe »Gespräche mit mehreren Interessenten«. Am gleichen Tag betonte der Generaldirektor von General Motors Spanien, Romuald Rytwinski, gegenüber Beschäftigtenvertretern des Opel-Werks in Saragossa, was die Antwerpener Fabrik angehe, habe der Konzern »die Entscheidung getroffen, sie zu schließen, und nichts hat sich in dieser Hinsicht geändert«, berichtete die spanische Nachrichtenagentur Europa Press. »Über einen potentiellen Investor werde ich nicht spekulieren.«

Weitere Infos: “Brücke ins Nichts – Der Sozialplan bei Opel Antwerpen”, J. Boewe, 20. April 2010.

Das Foto zeigt Solidaritätsbekundungen mit dem wilden Streik bei Opel in Bochum im Jahr 2004.