DIE SOLIDARISCHE GEWERKSCHAFT

Demonstrationsaufruf: Prekäre soziale Arbeit – kranke Gesundheitsarbeit (13. November 2009 in Wien)

on 28. October 2009 Uncategorized with 0 comments

Im Rahmen des F13 organisiert die “Libertäre Intiative soziale Arbeitender” (LISA) eine Demonstration zu den Kollektivvertragsverhandlungen im Gesundheits- und Sozialbereich.

Die IWW-Regionalgruppe Österreich unterstüzt diesen Aufruf und die damit verbundenen Forderungen.

Weitere Informationen findet ihr unter: www.lisasyndikat.wordpress.com

Folgend nun der Aufruf der LISA im Original:

Die Libertäre Initiative Sozial Arbeitender (LISA), Teil der FAS, organisiert im Rahmen des F13 eine berufsgruppenübergreifende Kundgebung zu den anlaufenden Kollektivvertragsverhandlungen. Alle Lohnabhängigen im Sozial- und Gesundheitsbereich sind nun gefordert sich nach eigenen Interessen, Mitteln und Möglichkeiten einzubringen.

Am Freitag, den 13. November um 18 Uhr wird sich eine Demonstration vom ÖGB am Schwedenplatz zur Wirtschaftskammer am Stubenring bewegen. Menschen verschiedenster Berufsgruppen der Sozial- und Gesundheitsbranche wollen dadurch selbstbestimmt den sozialpartnerschaftlichen VerhandlerInnen ihre Meinung kundtun. Da uns die bisherigen KV-Abschlüsse nur unzureichenden Schutz bieten konnten, wollen wir nun selbst lautstark unsere Bedürfnisse artikulieren.

Wir fordern:

Keine Budget-Sanierung auf Kosten des Sozial- und Gesundheitsbereichs!

Der Sozial- und Gesundheitsbereich ist zunehmend gekennzeichnet durch geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, Teilzeit, Arbeit auf Honorarbasis und befristete Dienstverhältnisse. Befristete Projekte verunmöglichen sichere Jobs. Zu denken gibt zusätzlich, daß der gesamte Sektor nur durch den Zwangsdienst der Zivildiener aufrecht zu erhalten ist. Während Burnout und Unzufriedenheiten zunehmen, sollen die Lohnabhängigen verstärkt ihre Flexibilität und Belastungsfähigkeit unter Beweis stellen. Krankenstände sind aufgrund von mangelhafter Personaldichte kaum oder gar nicht kompensierbar. Auch PraktikantInnen werden mittlerweile als Systemerhalter am Arbeitsplatz eingesetzt.

Wir sehen uns mit dem Sexismus konfrontiert, daß unsere Branche, in der überwiegend Frauen arbeiten, eine Niedriglohnbranche ist. Die Entlohnung von Sozial- und GesundheitshacklerInnen entspricht in keinster Weise dem, was die Menschen leisten.  Indem die Personalkosten gleich oder, noch schlimmer, geringer werden, werden Stellen nicht nachbesetzt und weniger ArbeiterInnen müssen zunehmend immer mehr Leistung erbringen, was einem indirekten Lohnverlust entspricht.

Während einzelne Bereiche schon ihren Kollaps ankündigen, werden wir auf zusätzliche Einsparungen im Rahmen der Krise vorbereitet. Obwohl diese Krise noch mehr an Armut und Krankheit hervorbringen wird als es dieses System bisher geschafft hat, sollen deren Opfer gleich noch mal unter dem Finanzdebakel leiden.

Auch wenn wir über die letzten Jahrzehnte und Sparpakete hinweg immer wieder beweisen mußten, daß wir mit wenig Geld viel leisten können, werden wir mit dem Argument des Geldes zunehmend fremdbestimmt. Selbsternannte ExpertInnen aus Politik und Management wollen es besser wissen als die ExpertInnen Vorort. Die Interessen die hierbei verfolgt werden sind oft von parteipolitischer Natur. Mit der Intention die Mehrheitsbevölkerung möglichst kostengünstig ruhig zu stellen, werden Minderheiten und Marginalisierte Gruppen selektiert, kontrolliert und diszipliniert. Das verunmöglicht eine zielorientierten Armuts- und Krankheitsbekämpfung und widerspricht der Ethik der Gesundheits- und Sozialen Arbeit. Es wird langsam deutlich, daß sich der Staat in einem Transformationsprozeß befindet. Der Sozialstaat muß dem Kontrollstaat weichen. Oder anders: Sozialer Friede wird in Zukunft nicht mehr erkauft, sondern soll durch den staatlichen Gewaltapparat hergestellt werden!

Zudem unterliegt unsere Branche einer Zunehmenden Ökonomisierung. Leistung wird nur mehr quantitativ erfaßt und qualitativ wichtige Angebote werden somit in den Hintergrund gerückt. Um uns besser evaluieren und rationalisieren zu können, müssen wir Unmengen an Stricherllisten und Ordnern mit Zahlen füttern. Das Ziel uns damit reproduktiver zu machen wird dadurch jedoch nicht erreicht. Um einheitliche Daten zu erheben, die meist nur den Geldgebern was nützen, wurden allumfassende Bürokratien eingeführt, die unseren eigentlichen Aufgaben die Arbeitszeit wegfressen. Worte wie Umstrukturierung, Dienstleistungsorientierung und Qualitätsmanagement bedeuten zumeist Ausgliederungen, Einsparungen und Entlassungen. Auf der Strecke bleiben die PatientInnen und KlientInnen. Daß sie sich nun KundInnen nennen dürfen bringt den systemimmanenten Zynismus auf den Punkt.

Die Geschäftsführungen sind inzwischen mit der „Konkurrenz“ beschäftigt. Da besonders die großen Sozialkonzerne wachen wollen unterbieten sie sich bei Ausschreibungen mit möglichst kostengünstigen Konzepten, was sich nicht zuletzt auf unsere Vernetzungsarbeit und unsere Löhne negativ auswirkt.

Da wir seitens des ÖGB kaum Erfolge bezüglich unserer Interessensvertretung sehen, werden wir nun selbstbestimmt unser Recht aufzumucken in die Hand nehmen, ein lautstarkes Zeichen für unsere Interessen Abgeben und damit Öffentlichkeit und Druck in unserem Sinne machen. Wir verstehen unseren Protest auch als Verbrüderung mit marginalisierten und diskriminierten Menschen und haben auch deswegen den F13 als Aktionsrahmen gewählt.

Anderen Gruppen und Individuen sind herzlich eingeladen unseren Protest zu bereichern und zu erweitern.

Wir lassen uns nicht mehr Kaputtsparen und fordern Arbeitsbedingungen die unseren Aufgaben entsprechen und Lohnerhöhungen, die diesen Namen verdienen!