IWW Österreich | die solidarische Gewerkschaft

Staat, Polizei und die Verteidigung der Klasse

on 10. Januar 2021 Allgemein with 0 comments

 

Die aktuellen Repressionsschläge gegen Antifaschist*innen in Wien sollten, so unser Plädoyer, nicht zu einem Anrufen des Staates nach „mehr Gerechtigkeit“, ebenso wenig zu Zynismus oder Resignation führen, sondern uns als Teil der sozialen – auch antifaschistischen – Bewegungen zum Selbstschutz und zur Solidarität anregen.

Die bürgerliche Demokratie ist ein Herrschaftsverhältnis; ihr Staat, ihre Justiz, ihre Polizei sind Instrumente der herrschenden Klasse zur möglichst reibungslosen Durchführung und Aufrechterhaltung der kapitalistischen Produktion. Es sollte deshalb also nicht empören (und trotzdem verärgern), wenn der Staat gegen Aktivist*innen und Organisierungen vorgeht, die (vermeintlich) genau sein Ziel zu sabotieren versuchen oder sich (völlig zu Recht) den Handlungsspielraum politischer Aktionen nicht vom Gesetzgeber einschränken lassen.

 

A Cop is not a Comrade

Auf unserer letzten Mitgliederversammlung beschlossen wir, mehr als symbolischen Akt denn als realistische Prävention, die kategorische Unvereinbarkeit einer Mitgliedschaft von Polizist*innen (und Justizwachen) in der IWW. Wir ziehen damit eine Linie, die aktuell speziell in den USA und eine Debatte um sogenannte Polizeigewerkschaften notwendigerweise von sämtlichen vernünftigen Fellow Workers gezogen wurde: die Tätigkeit als Polizeibeamte*r ist nun einmal, da hat die Landespolizeidirektion ausnahmsweise nicht Unrecht, tatsächlich „mehr als ein Beruf“. Wer aktiv entscheidet, sich als gewalttätiger Arm des bürgerlichen Staates in den Dienst des Erhalts kapitalistischer Verhältnisse zu stellen, ist prinzipiell kein Fellow Worker. Dass außerdem Korpsgeist, rassistische Denkmuster und nicht selten auch faschistische Einstellungen im Polizeiapparat weit verbreitet sind, belegen neben zahlreichen Studien auch die konkreten Erfahrungen von Obdachlosen, People of Color oder linken Aktivist*innen. Abseits einer emotional richtigen (und wichtigen) Antipathie gegen Polizeibeamt*innen braucht es auch das grundlegende Verständnis, dass die Polizei, wenn sich die Situation eines Tages zuspitzt, auf der anderen Seite der Barrikade stehen wird. Das tat sie historisch immer und wird sie immer tun, ist es doch ihr essentieller Zweck.

 

Worin unsere Stärke besteht: Solidarität!

Das Vorgehen von Polizei und Justiz gegen linke Bewegungen hinterlässt neben unmittelbaren Folgen, wie physische Verletzungen, Stress oder Jobverlust nicht selten auch langfristige Schäden wie psychische Traumata oder finanzielle Notlagen. Weil Solidarität die stärkste Waffe der Bewegung ist, weil sie den einzig gangbaren Weg aus der Vereinzelung ebnet und weil es der Hebel zur emanzipatorischen Veränderung ist, individuelle Probleme kollektiv zu bekämpfen, schufen sich bereits vor hundert Jahren Rechtshilfefonds, Hilfekassen und Vereine, wie die Rote Hilfe. Durch regelmäßige Spenden konnten so Anwaltskosten beglichen werden, ohne dass einzelne Genoss*innen in den finanziellen Ruin getrieben wurden. Vor wenigen Jahren hat sich in Wien die neugegründete Rote Hilfe bewusst in die Tradition ihrer gleichnamigen Vorgängerin der 1920er Jahre gestellt und verfolgt das Ziel, als strömungsübergreifende Solidaritätsorganisation einen wichtigen Beitrag zur Bewegung zu leisten. Seit mehr als einhundert Jahren arbeitet und wirkt die IWW nach ihrem Motto „an injury to one is an injury to all“. Die Solidarität mit kämpfenden Arbeiter*innen, ungeachtet ihrer juristischen „Schuld“, ist auch unsere politische Mission. Mit Nachdruck rufen wir deshalb all unsere Genoss*innen und Fellow Workers auf:
Werdet Mitglied der Roten Hilfe Wien! Solidarity Forever!